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Aufbruch mit Hindernissen: CDU-Chef Friedrich Merz während des Parteitags
Foto: Imago Political-MomentsAufbruch mit Hindernissen: CDU-Chef Friedrich Merz während des Parteitags

Politik

Friedrich Merz bleibt ein Gefangener der Ära Merkel

Die CDU hat sich ein neues Grundsatzprogramm gegeben. In der Praxis dürfte sie jedoch noch lange mit den Hinterlassenschaften der letzten Jahre zu kämpfen haben

René Nehring
08.05.2024

„Die CDU ist wieder da.“ Mit dieser Botschaft stimmte Friedrich Merz zu Beginn des 36. Bundesparteitags die Delegierten auf die Europawahl sowie auf die bevorstehenden Kommunal- und Landtagswahlen ein. In seiner programmatischen Rede zu Beginn der Zusammenkunft, deren Ziel die Verabschiedung eines neuen Grundsatzprogramms war, erklärte er zudem, dass die CDU damit bereit sei, sofort Regierungsverantwortung für Deutschland übernehmen zu können. Und ohne auf die Bundestagswahl im nächsten Jahr einzugehen, machte Merz auch klar, wer aus seiner Sicht dann Kanzlerkandidat der Union sein wird.

In der Tat kann man den Auftritt des CDU-Vorsitzenden durchaus als staatsmännisch bezeichnen. In der Tonlage moderat, streichelte er die Seele der Partei, listete er die jüngsten Wahlerfolge der CDU in den Bundesländern und Kommunen auf, erwähnte er stolz, dass die Union in aktuellen Umfragen so stark ist wie SPD und Grüne zusammen, und vergaß dabei nicht, innerparteiliche Rivalen wie die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, Hendrik Wüst und Daniel Günther, lobend zu erwähnen.

Abkehr von der Ära Merkel
Sowohl Merz' Rede als auch das neue CDU-Grundsatzprogramm markieren in vielen Punkten eine deutliche Abkehr von der Ära Merkel. So beinhaltet die Forderung des Vorsitzenden, dass die Union wieder unterscheidbar von den politischen Wettbewerbern werden müsse, die unverhohlene Feststellung, dass es diese Unterscheidbarkeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer weniger gab.

Eine deutliche Abkehr von der Ära Merkel stellt auch Merz' mehrfaches Bekenntnis zu den ländlichen Räumen und zur kommunalen Ebene dar. Während unter seiner Vorgängerin grün-schwarze Strategen mit der Forderung, die Union müsse „Großstadtkompetenz“ bekommen, nachhaltig Stammwähler in den kleinen und mittleren Städten sowie auf dem Land verprellten, zeigen Merz und sein Generalsekretär Carsten Lindemann ein Gespür dafür, wo ihre Partei lange Zeit zu Hause war.

Inhaltlich kehrt die CDU zu den Grundsätzen zurück, mit denen sie seit Gründung der Bundesrepublik wie kaum eine zweite Partei das Land geprägt hat. Der zentrale Begriff der neuen Programmatik ist die Freiheit. In diesen Kontext gehört für Merz auch eine Neujustierung des Verhältnisses zwischen den Bürgern und dem Staat, in dem es zuletzt eine „Funktionsstörung“ gegeben habe. Für Merz hat der Staat den Interessen der Bürger zu dienen, nicht umgekehrt.

Besonders deutlich wurde der CDU-Vorsitzende in seinen wirtschaftspolitischen Aussagen. Er bekannte sich klar zu den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft und damit zu einer Wirtschaftspolitik, die Unternehmen fördert, anstatt sie zu gängeln oder gar zu vertreiben, sowie zu einem Sozialstaat, der Bedürftigen hilft, jedoch keine Hängematten für diejenigen bereithält, die nicht arbeiten wollen. Ebenso klar erteilte Merz eine Absage an „Degrowth“-Phantasien, deren Ziel die Schrumpfung der Wirtschaft und damit eine Verringerung des Wohlstands ist.

In für Unionsverhältnisse lange nicht mehr gehörter Klarheit setzte sich Merz auch von den Grünen ab. Deren Handeln sei das Gegenteil einer verantwortungsbewussten Umweltpolitik. Mit der Verteufelung der Kernenergie und des technischen Fortschritts sei Deutschland zum „klimapolitischen Geisterfahrer“ geworden, „und wir werden“, so Merz, „diese Geisterfahrt beenden“.

Das eigentliche Problem
Wohin die Reise für die CDU tatsächlich geht, bleibt indes trotz aller Worte unklar. So sprachen – obwohl Merz seine Partei doch nur dort verortet, wo sie vor der Ära Merkel lange gestanden hatte – zahlreiche Medien umgehend von einem „konservativen Kurs“ oder gar einem „Rechtsruck“ und drohten damit schon mal mit einer Abschiebung der Partei in die Schmuddelecke des Politikbetriebs. Zugleich bekamen ewiggestrige „Merkelianer“ wie Daniel Günther breiten Raum für ihre Warnung vor einer Abkehr vom Kurs der Merkel-Zeit – ohne freilich zu erwähnen, dass diese angeblich glorreiche Epoche für die CDU mit dem mit Abstand schlechtesten Wahlergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik geendet hatte.

Das Ziel dieses Manövers ist klar. Mit der Abkehr der Union von zahlreichen ihrer klassischen Programmpunkte und der gleichzeitigen Übernahme gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Forderungen von SPD und Grünen in der Ära Merkel konnte das rot-grüne Lager in den letzten zwei Jahrzehnten weitaus mehr von seiner Programmatik durchsetzen, als es die realen Kräfteverhältnisse vorgesehen hätten. Dass SPD und Grüne sowie die ihnen nahestehende Mehrheit der Medien daran auch unter einer neuen CDU-Spitze festhalten wollen, ist durchaus verständlich.

Die weitaus nachhaltigste Hinterlassenschaft der Ära Merkel ist indes die Zersplitterung des politischen Spektrums. Wo früher Union und FDP stabile Mehrheiten hatten, die allenfalls durch einen Koalitionswechsel der Liberalen gefährdet werden konnten, tummeln sich heute mit AfD, Freien Wählern, BSW (das von links kommt, aber auch zahlreiche bürgerliche Forderungen abdeckt) und anderen Parteien Wettbewerber, die zwar kräftemäßig (mit Ausnahme der AfD in einigen Ost-Bundesländern) nicht an die CDU heranreichen, ihr aber in jeder Wahl entscheidende Stimmen wegnehmen.

Und da es für die CDU auf absehbare Zeit nicht zu schwarz-gelben Mehrheiten reicht, sie jedoch eine Zusammenarbeit mit den neuen Wettbewerbern (insbesondere der AfD) ausgeschlossen hat, wird sie auch künftig auf Koalitionen mit SPD und Grünen angewiesen sein, die inhaltlich weit vom neuen Grundsatzprogramm der CDU entfernt stehen. Und so dürfte die Union trotz ihrer personellen und inhaltlichen Neuaufstellung noch lange in den Hinterlassenschaften der Ära Merkel gefangen bleiben.


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Kommentare

Berlin 59 am 11.05.24, 21:15 Uhr

Also wirklich dieser Parteitag war nur ein auf der Stelle getrete. Keine Aufarbeitung der Gründe der großen Demos und Streiks bei Eisenbahnern, Bauern, Spediteure usw. Wenn wenigstens der Daniel Günther nach 1,5 Parteitagstagen heulend den Saal verlassen hätte gefolgt von einen völlig aufgelösten Herrn Wüst, da hätte man sagen können hallo, hallo da Wetterleuchtet ja was. Aber so hat der Parteitag nichts gebracht. Also Wähler usw.

Kersti Wolnow am 10.05.24, 09:03 Uhr

Maximilian Krah sagte in einem seiner Interviews, daß die CDU seit ihrem Bestehen vorhanden war, um Menschen mit nationalen Bestrebungen an sich zu binden und zu lähmen.

Von mir ergänzt, verweise ich auch Personen wie Dregger und Bosbach, die als Feigenblatt hin und wieder rechte (im Sinne richtige/ den Naturgesetzen entsprechende) Positionen vertreten durften und Wähler wie mich bis 2000 damit einlullten. Was die alle erzählen, interessiert mich schon nicht mehr, ich sehe am Straßenbild, daß wir Deutschen verschwinden und einer vermischten Menschenmasse Platz machen sollen. Mit den Gastarbeitern fing es an, die wie Gäste eben nicht mehr nach Hause gingen. Schon das Wort diente zum Ruhigstellen.
Es ist kurz nach 12, um diesen Bestrebungen Einhalt zu gebieten, mit aller Kraft und allem Intellekt.
Jahrtausendalte europäische Kulturen sollen ausgelöscht werden, um von einer neomarxistischen Clique befohlen zu bekommen, wie wir zu leben haben. Nein, Herr Merz!!!

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