27.04.2024

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Spione in Ostpreussen

Wie Nachbarn das Deutsche Reich ausspähten

Entlang der Ostseeküste wurden Befestigungen und Häfen von Kolberg bis Pillau und Königsberg „inspiziert“

Wolfgang Kaufmann
24.03.2024

Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges grenzte Ostpreußen direkt an Russland, danach an Polen und Litauen. Diese Nachbarschaft war zumeist problematisch. Deshalb entsandten die drei Anliegerstaaten häufig Spione nach Ostpreußen, während das Königreich Preußen ein System der Spionageabwehr etablierte.

Obwohl Russland und Preußen damals noch gute Beziehungen pflegten, schleuste die zaristische Polizei 1830 Kundschafter in die östlichen Teile Preußens ein, um die Haltung der dort ansässigen polnischen Bevölkerung auszuforschen. Als das Verhältnis nach 1890 schlechter wurde – woraufhin Russland mit Frankreich paktierte – setzten der Große Generalstab in Berlin und das preußische Kriegsministerium alles daran, mehr Informationen aus dem Zarenreich zu erlangen und im Gegenzug die Agenten der Gegenseite auszuschalten.

So erhielt der Oberpräsident der Provinz Ostpreußen, Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode, im Juni 1892 ein Schreiben des preußischen Innenministers Ernst Ludwig Herrfurth, aus dem hervorging, dass der Kriegsminister des Königreiches, Hans von Kaltenborn-Stachau, „es im Interesse des militärischen Nachrichtenwesens für dringend wünschenswert“ erachte, auch Beamte der Zivilverwaltung in die geheimdienstliche Tätigkeit einzubinden. Das betraf unter anderem die Grenz-Kommissare, die laut Herrfurth für die Spionageabwehr sowie „für die Sammlung von Nachrichten über die ... russischen Verhältnisse, soweit nötig in Verbindung mit der Leitung des militärischen Nachrichtenwesens, ... Sorge zu tragen haben“.

In der Folgezeit kam die deutsche Seite unter anderem den russischen Spionen Iwan Dubassow und Kellerkrans auf die Spur. Ersterer war ein Konteradmiral und Marineattaché an der russischen Botschaft in Berlin und hatte im Frühsommer 1894 die Befestigungen und Häfen entlang der Ostseeküste von Kolberg bis Pillau und Königsberg „inspiziert“. Als dies aufflog, erzwang Kaiser Wilhelm II. die Abberufung von Dubassow. Der Hauptmann der Kownoer Festungsartillerie Kellerkrans, der angeblich wegen einer Heilbehandlung nach Ostpreußen kam, wurde im September 1893 nach Russland abgeschoben, weil er immer wieder Radtouren zu militärischen Objekten rund um Königsberg unternahm und den Kontakt zu Angehörigen des Feldartillerie-Regiments 16 suchte.

Während der spannungsgeladenen Zeit vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs leisteten vor allem der Grenzkommissar Philippi aus Eydtkuhnen und Hauptmann Volkmann von der Nachrichtenstelle des XX. Armeekorps in Allenstein Außerordentliches. Philippis Meldungen vom 26. Juli 1914 zeigten die Brisanz der politischen und militärischen Situation in Russland. Volkmann gelang es am 1. August 1914 mit Hilfe des jüdischen Händlers Pinkus Urwicz, in den Besitz eines russischen Mobilmachungsplakates zu gelangen. Daraufhin befahl der Generalstabschef Generaloberst Helmuth Johannes Ludwig von Moltke am Folgetag die Mobilmachung auf deutscher Seite, womit der Erste Weltkrieg seinen Lauf nahm.

Nach dessen Ende setzte der Geheimdienst des nunmehr neu erstandenen Polen etliche deutsche Staatsbürger unter Druck, vertrauliche Informationen aus Ostpreußen zu liefern. Davon zeugt nicht zuletzt der Fall des Schmiedegesellen und SA-Mannes Max Pritzuhn aus Skomatzko im Kreis Lyck. Der hatte Gelder der Sturmabteilung veruntreut und war deswegen im Januar 1934 nach Polen geflohen. Dort kam er sofort in Haft, in der man ihm etliche Interna über die militärische Ausbildung der SA entlockte. Außerdem drangen polnische Flugzeuge schon vor dem Machtantritt der Nationalsozialisten mit Spionageabsicht in den Luftraum über Ostpreußen ein. Unter anderem flog der Fliegerhauptmann Ignacy Giedgowd mit seiner Wibault 70C1 am 8. Mai 1931 bei guter Sicht von Warschau kommend nach Nordnordwest und landete zunächst unerlaubt im Kreis Preußisch-Holland und dann nochmals bei Mahrau im Kreis Mohrungen.

Auch Polen und Litauen waren aktiv
Ähnlich aktiv war der Geheimdienst Litauens, wie zwei weitere Beispiele zeigen. Der gewerbsmäßige Warenschmuggler Heinrich Batschkus aus Elchwinkel fiel der litauischen Staatssicherheitspolizei in die Hände, als er seiner Tätigkeit nachging und wurde hernach erpresst, die SA, den ostpreußischen Grenzschutz und die Reichswehrgarnison in Kaukehmen auszukundschaften. Dies tat Batschkus bis November 1935, dann flog er auf. Ein anderer Spion namens Herbert Preuß konnte ebenfalls auf eine kriminelle Karriere zurückblicken und hatte bereits sieben Vorstrafen kassiert. Der nunmehrige Friseurgehilfe horchte die Kundschaft in seinem Salon systematisch über militärische Belange aus, bis ihn die deutsche Grenzpolizei im August 1935 bei der Ausreise nach Litauen verhaftete, wo er sich mit seinem Führungsoffizier treffen wollte.

Schon einige Jahre zuvor hatte der litauische Geheimdienst den Leutnant Josef Dzenkaitis nach Ostpreußen geschickt, um im Raum Tilsit, Insterburg und Gumbinnen zu spionieren. Dessen Agentenlaufbahn endete im Juni 1932 durch den Verrat eines deutschen Kontaktmannes.


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