Islam, politisch korrekt gesehen
ARD-Sonderkorrespondent berichtet über Alltag in arabischen Ländern
Besser als mit den Worten „Allah ist groß, die Hoffnung klein“, kann man die Situation und Mentalität der Menschen im Nahen Osten kaum in einem Satz beschreiben. Deshalb trägt das Buch des ARD-Sonderkorrespondenten für die arabische Welt, Thomas Aders, auch genau diesen Titel. Mit seiner Publikation will der Vertreter der Mainstream-Medien zeigen, welche Geschichten sich hinter den Nachrichtenmeldungen über die explosivste Region der Welt verbergen, die tagtäglich auf uns einströmen. Dabei führt Aders seine Leser nach Syrien und in den Irak, nach Ägypten, Saudi-Arabien und Kurdistan sowie in den Jemen und den Sudan. Die volkspädagogische Absicht des Ganzen ist unverkennbar: Es gilt die 350 Millionen Muslime in den 22 arabischen Ländern vom Generalverdacht des Fundamentalismus und Terrorismus reinzuwaschen. Neben der bekannten Ikone des ebenso verlotterten wie brutalen IS-Kämpfers sollen alternative, friedlichere Vertreter des Islam in den Köpfen der Deutschen Platz finden – um die „Parolen“ von Pegida und anderen zu neutralisieren, so Aders.
Trotzdem kann man sein Buch mit einigem Gewinn lesen. Der Fernsehmann ist Profi genug, um den Bogen nicht zu überspannen. Deshalb bietet er tatsächlich glaubhafte Hintergrundinformationen: Allerdings verändert sich das Bild hierdurch kaum so, wie Aders und dessen Dienstherr ARD es wohl gerne hätten. Beispiel: „Der Alltag eines Arabers, wo immer er lebt, ist gedanklich meist durchdrungen von Zitaten der Selbstaufopferung in einem Krieg gegen die Feinde des Islam.“ Eben! Und genau deshalb kommt die Region auch nicht zur Ruhe, weil „Feinde des Islam“ sehr wohl andere Muslime sein können, wenn sie Ansichten vertreten, die von denen der Fundamentalisten abweichen.
Das schafft jede Menge Leid, das Aders ausführlich am Beispiel massakrierter Kinder in Bagdad, Kurdistan und Damaskus sowie verhungerter Menschen in den Bürgerkriegsgebieten des Jemen und Sudan darstellt. Nur – was können wir dafür? Wieso schon wieder diese unterschwelligen Botschaften, welche uns suggerieren sollen, dass da vor allem die Hilfe des Westens vonnöten sei? Wie wäre es, wenn sich die Vertreter der „Religion des Friedens“ selbst einmal die Mühe machten, für Ruhe in Nahost zu sorgen? Angefangen mit den Wohlhabenden in Saudi-Arabien und den Golfstaaten, welche sogar die heiligen Stätten von Mekka und Medina mit Konsumtempeln zupflastern.
Wolfgang Kaufmann
Thomas Aders: „Allah ist groß, die Hoffnung klein. Begegnungen im Nahen Osten“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2016, gebunden 256 Seiten, 20 Euro

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