18.05.2024

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Die Autoren der Studie „Jugend in Deutschland 2024“: Der 1979 geborene Simon Schnetzer veröffentlicht seit 2010 die Trendstudien „Jugend in Deutschland“; der 1944 geborene Klaus Hurrelmann arbeitet seit 2009 als Professor of Public Health and Education an
Foto: Marco Urban/ Simon SchnetzerDie Autoren der Studie „Jugend in Deutschland 2024“: Der 1979 geborene Simon Schnetzer veröffentlicht seit 2010 die Trendstudien „Jugend in Deutschland“; der 1944 geborene Klaus Hurrelmann arbeitet seit 2009 als Professor of Public Health and Education an

„Jugend in Deutschland 2024“

„Deutlicher Rechtsruck“

Umfrage unter zweitausend 14- bis 29-Jährigen sorgt für Wirbel

Peter Entinger
03.05.2024

Wir können von einem deutlichen Rechtsruck in der jungen Bevölkerung sprechen. Das schlägt sich in den politischen Präferenzen nieder. Während die Parteien der Ampelregierung in der Gunst immer weiter absinken, hat die AfD besonders großen Zulauf.“ Zu diesem Ergebnis sind Simon Schnetzer und seine Co-Autoren Kilian Hampel und Klaus Hurrelmann in ihrer Trendstudie „Jugend in Deutschland 2024: Verantwortung für die Zukunft? Ja, aber“ gekommen, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde. Mehr als zweitausend junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren, die sogenannte Generation Z, wurden dafür über ein sogenanntes Online-Panel befragt.

„Jetzt tut doch nicht so überrascht“, schrieb das Jugendmagazin „Campus“, das zum Wochenblatt „Die Zeit“ gehört. Junge Menschen, gleich ob Auszubildende/Lehrlinge oder Studenten, könnten sich keine eigene Wohnung mehr leisten. Mit einer gesetzlichen Rente würde kaum noch jemand von ihnen rechnen, analysierte die Zeitschrift.

Alarm schlägt auch das zum SPD-Imperium gehörende Magazin „Vorwärts“ in seinem Meinungsbeitrag „Jugendstudie: Die Politik muss die Nöte der Jungen endlich ernst nehmen!“ Deutschlands Jugend befinde sich in der Dauerkrise. Sie fühle sich unzufrieden, machtlos, nicht gehört und vermisse Teilhabe. „Doch wie so oft zuvor, wenn die Perspektiven junger Menschen zum Thema gemacht werden, reagiert die Politik auch diesmal eher verhalten – beziehungsweise gar nicht – und geht so ein großes Risiko ein“, heißt es dort weiter.

Unzufrieden mit der Ampel
Offenbar waren selbst die Autoren der Jugendstudie überrascht, dass die Bereitschaft zur Stimmabgabe für Rechtsparteien kein Phänomen älterer Bevölkerungsgruppen ist. „Der Eindruck, dass rechte Parteien nur von älteren Menschen gewählt würden, ist offensichtlich falsch. Autoritäre und rechtspopulistische Positionen wie die der AfD haben bei jungen Leuten Resonanz. Die Parolen werden aufgenommen“, sagt Hurrelmann.

Die Reaktionen aus der Politik fielen eher verhalten aus. Bloß nicht zu hoch hängen, scheint die Devise zu sein. „Teure Wohnungen, zu wenig BAFöG, große Krisen: Werden junge Menschen von Sorgen erdrückt, werden sie leicht anfällig für rechte Umwerbungen“, sagt Katharina Stolla, Sprecherin der Grünen Jugend, und fordert mehr Geld für eine großzügigere Sozialpolitik.

Von mehr Sozialleistung verspricht der frühere Grüne und Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer sich ebenso wenig eine Kehrtwende wie von dem Schönreden der Massenimmigration: „Da wage ich mal die Prognose: Das wird der AfD weitere Wähler zutreiben. Der Versuch, die Probleme mit Übergriffen im öffentlichen Raum, maskuliner Dominanz und Gewaltbereitschaft gerade der Altersgruppe junger allein eingereister Männer unter den Asylbewerbern als positives Potential umzudeuten, scheitert daran, dass die jungen Leute am meisten in Kontakt mit der dazu einfach gar nicht passenden Realität stehen. Denn sie sind es, die im Zweifel das Messer an der Kehle haben, Öffis fahren, den Stadtpark meiden oder nachts Angst haben, auf die Straße zu gehen. Diese Ängste sind eben aus Erfahrung begründet und nicht eingebildet. Und für immer mehr Sozialleistungen fehlt schlicht das Geld. Das wird schon benötigt, um immer mehr Flüchtlingen den Lebensunterhalt zu finanzieren.“

Inflation und Krieg bereiten Sorgen
Interessant ist vor diesem Hintergrund, dass viele der befragten Jugendlichen glauben, ihre persönliche Situation werde sich in den kommenden beiden Jahren verbessern. Dies mag auf die vielen freien Stellen und die damit verbundenen Berufsaussichten zurückzuführen sein.

Gleichzeitig fürchten die befragten Jugendlichen weitere gesellschaftliche Verwerfungen. „Die Aussicht auf ein gutes Leben schwindet“, sagt Schnetzer.

Sorgen bereiten 65 Prozent der Befragten die Inflation, 60 Prozent Kriege in Europa und Nahost, 54 Prozent teurer beziehungsweise knapper Wohnraum sowie jeweils 49 Prozent der Klimawandel und eine Spaltung der Gesellschaft. Jeweils 48 Prozent haben Angst vor Altersarmut und einer Wirtschaftskrise, jeweils 44 Prozent vor einem Erstarken rechtsextremer Parteien und einem Zusammenbruch des Rentensystems sowie 41 Prozent vor einer Zunahme von Immigrantenströmen.

Bei der sogenannten Sonntagsfrage verzeichnet die AfD die größten Zuwächse. Sie käme auf 22 Prozent bei den 14- bis 29-Jährigen. Bei der Befragung vor zwei Jahren wollten nur neun Prozent der Befragten die Rechtspartei wählen. Die Grünen schmierten dagegen von 27 auf 18 Prozent ab. Klassisch grüne Themen wie das Klima haben für sie an Relevanz verloren. Interessant ist auch die Tatsache, dass sich die befragten Jugendlichen besonders enttäuscht von der FDP zeigten, die von 19 auf acht Prozent regelrecht einbrach. Die habe mehr Digitalisierung versprochen und wenig gehalten. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) käme bei ihnen auf fünf Prozent.

Eine der Ursachen für die starken Werte der AfD ist laut den Studienautoren, dass die Partei besonders stark auf den Kanälen vertreten sei, die junge Menschen laut ihren eigenen Angaben verwenden, um sich politisch zu informieren. Das wiederum hatte sofort die Forderung zur Folge, es müsse mehr Geld gegen „Hass im Netz“ bereitgestellt werden. „Was wir sehen, ist, dass die Demokratiebildung durch Regierungsparteien dort nicht stattfindet“, erklärte Schnetzer gegenüber dem Portal „watson“ und ergänzte: „Das ist ein Raum, der den Rechtspopulisten überlassen wird.“


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